Klinikum
Asklepios Klinikum GmbH
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93077 Bad Abbach
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Ich habe über meine gesamte berufliche Karriere die Behandlung von Erkrankungen des Rückenmarks und des Kopf-Hals-Übergangs zu meinen Hauptarbeitsgebiet gemacht. In diesem Zeitraum habe ich über 5000 betroffene Patienten beraten und betreut sowie etwa 1500 persönlich operiert. In jedem einzelnen Fall war die Empfehlung zu einer Operation das Ergebnis ausführlicher Gespräche und Untersuchungen des Patienten. Die Chancen und Risiken einer operativen Behandlung wurde sorgsam abgewogen und verglichen mit den Risiken, die eingegangen werden, wenn nicht operiert wird. Für jeden einzelnen Patienten wird vorher dargelegt, wie die weitere Behandlung nach der Operation aussehen sollte. Sie ist nie mit dem Anlegen des Wundverbandes am Ende der Operation beendet sondern umfaßt vielfach im Anschluß eine rehabilitative Therapie in einem dafür geeigneten Zentrum. Dies wird bereits vor der Operation besprochen und in den ersten Tagen nach einer Operation dann endgültig mit dem Patienten zusammen festgelegt. Auch danach geht meine Betreuung der Patienten weiter. Besonders bewährt haben sich ambulante Nachuntersuchungen mit dann aktuellen Kernspinbildern 3 Monate nach dem Eingriff. Dann ist normalerweise der Operationsbereich verheilt und man kann besprechen, wie die weitere Therapie aussehen sollte.
Erkrankungen des Rückenmarks können zu Störungen der Sensibilität, der Motorik, des Gehvermögens, der Kontrolle von Blase und Mastdarm sowie zu Schmerzen und Missempfindungen führen. Das Spektrum reicht von angeborenen Fehlbildungen des Rückenmarks über Tumoren im und am Rückenmark, Zystenbildungen (Syringomyelie), Erkrankungen der Rückenmarkshäute bis zu Spätfolgen von Rückenmarkverletzungen oder früheren operativen Behandlungen. Je nach Krankheitsbild können Rückenmarkerkrankungen zu Veränderungen der Knochen und Gelenke der Wirbelsäule führen oder umgekehrt auch durch Erkrankungen der knöchernen Wirbelsäule ausgelöst sein.
Die Mehrzahl der Patienten hat eine lange Krankengeschichte hinter sich, die gekennzeichnet ist durch eine langsam, sich oft schleichend entwickelnden Verschlechterung neurologischer Beschwerden. Hinzu kommt, daß die meisten dieser Krankheitsbilder selten vorkommen und daher die Diagnose früher erst relativ spät gestellt wurde. Durch moderne Diagnostikverfahren – hier ist insbesondere die Kernspintomographie (MRT) zu nennen – haben sich die Behandlungsmöglichkeiten in den letzten Jahren erheblich verbessert, da die Patienten auch bei seltenen Erkrankungen nun frühzeitiger diagnostiziert werden.
Hier sind Tumoren, die im Rückenmark liegen (sog. intramedulläre Tumoren), von denen zu unterscheiden, die außerhalb des Rückenmarks entstehen und es von außen komprimieren (sog. extramedulläre Tumoren). Statistisch sind ca. 95% dieser Tumoren gutartig und wachsen sehr langsam. Das bedeutet, daß eine Bestrahlung oder Chemotherapie für diese Tumoren nicht in Betracht kommt, da derartige Therapien in aller Regel langfristig unwirksam sind. Die Behandlung der Wahl ist die operative Entfernung, die möglichst frühzeitig erfolgen sollte, bevor gravierende Behinderungen schon eingetreten sind. Dieser Grundsatz gilt vor allem für intramedulläre Tumoren. Durch die modernen Kernspingeräte bekommt man heute hochauflösende Bilder des Rückenmarks, die eine genaue Planung der Operation erlauben. Intraoperativ kann zusätzlich durch kontinuierliche Messungen der Nervenbahnen während der Operation (sog. intraoperatives Monitoring) dem Operateur jederzeit gemeldet werden, wie einzelne Nervenfunktionen während der Operation reagieren.
(A) Intramedullärer Tumor in Höhe HWK4-HWK5 mit kleinen Zysten ober- und unterhalb (Pfeile) und homogener Kontrastmittelaufnahme (B). 3 Monate nach vollständiger Tumorentfernung (Ependyom) kein Tumorrest erkennbar (C, D) bei vollständig erhaltener Mobilität und Gebrauchsfähigkeit beider Arme und Hände
Dies hilft, die Präparation so vorzunehmen, daß das Risiko von bleibenden Schäden an Nerven oder Rückenmark so klein wie möglich gehalten werden kann. Ziel der Operation ist es immer, den Tumor möglichst vollständig zu entfernen und die neurologischen Funktionen des Rückenmarks dabei zumindest zu erhalten, wenn nicht sogar wieder zu verbessern. Bei Ersteingriffen gelingt eine vollständige Tumorentfernung bei intramedullären Tumoren in mehr als 85%, bei extramedullären Tumoren in mehr als 90% der Patienten. In diesen Fällen tritt der Tumor im weiteren Leben dann nicht wieder auf. Für die übrigen Patienten muß bei einem erneuten Wachstum eines verbliebenen Tumorrestes im Einzelfall entschieden werden, ob und wann ggf. erneut ein operativer Eingriff vorgenommen werden sollte.
(A) Extramedullärer Tumor vor dem Rückenmark in Höhe BWK3 mit homogener Kontrastmittelaufnehme (B). 3 Monate nach vollständiger Tumorentfernung (Meningiom) kein erkennbarer Tumorrest (C, D) bei vollständig erhaltener Mobilität
Fehlbildungen des Rückenmarks treten in vielen Fällen in Kombination mit knöchernen Fehlbildungen der Wirbelsäule auf. Dabei stehen zwei Mechanismen im Vordergrund, die die Funktionen des Rückenmarks schädigen. Zum einen findet man bei vielen Fehlbildungen eine Fixierung des Rückenmarks (sog. Tetherd Cord) entweder durch ein verdicktes Filum Terminale am unteren Ende, durch Anheftungen an der harten Rückenmarkshaut (Dura) oder durch Knochensporne und Weichteilstränge, die das Rückenmark durchdringen und in zwei Anteile spalten (sog. Split Cord Malformationen bzw. Diastematomyelien). Fixierungen des Rückenmarks gleich welcher Art haben chronische Durchblutungsstörungen sowie Schäden durch Dehnung von Nerven bei Körperbewegungen zur Folge. Zum zweiten kann das Rückenmark bei Fehlbildungen auch von außen komprimiert werden durch Einengungen des Wirbelkanals aufgrund begleitender knöcherner Fehlbildungen, durch degenerative Veränderungen oder durch Mißbildungstumoren (Lipome, Dermoide, Epidermoide, glioependymale und neurenterische Zysten). Das bedeutet, daß jeder betroffene Patient genau untersucht werden muß, ob eine Fixierung oder Kompression des Rückenmarks oder gar beides in Kombination vorliegt, um die richtige Behandlungsstrategie festzulegen. Gerade dann, wenn Fehlbildungen des Rückenmarks im Erwachsenenalter symptomatisch werden und behandelt werden müssen, ist ein frühzeitiger Eingriff mit der richtigen Strategie für ein gutes langfristiges Ergebnis entscheidend. Sofern keine Voroperationen erfolgt sind, ist es in Abhängigkeit von der Komplexität der Fehlbildung bei ca. 70-90% der betroffenen Erwachsenen möglich, das Fortschreiten der Neurologie durch eine Operation dauerhaft zu verhindern.
Fixierung und Spaltung des Rückenmarks (Split Cord Malformation Typ I) durch einen Knochensporn in Höhe LWK1 (A, B). 3 Monate nach Lösen des Rückenmarks mit Entfernung des Sporns und Rekonstruktion der Dura (C, D) mit Erhalt aller neurologischen Funktionen
(A) Extramedulläre Dermoidzyste in Höhe BWK12 mit Anteilen auch im Rückenmark. 1 Jahr nach Entfernung der Zyste keine Anzeichen für ein Rezidiv (B) bei erhaltener Mobilität und Kontrolle über Blase und Mastdarm sowie gebesserten Schmerzen
Mit dem Begriff der Syringomyelie wird eine Zystenbildung innerhalb des Rückenmarks beschrieben. Allerdings sollte nicht jede zystische Veränderung im Rückenmark als Syringomyelie bezeichnet werden. Vor allem die Erweiterung des sog. Zentralkanals im Rückenmark, der einer normalen anatomischen Struktur entspricht, hat keinerlei Krankheitswert und wird bei Kernspinuntersuchungen sehr oft als Syringomyelie fehlgedeutet.
Zahlreiche Untersuchungen in den letzten 40 Jahren haben gezeigt, daß die Syringomyelie keine eigenständige Erkrankung des Rückenmarks ist, sondern immer durch eine andere Erkrankung sekundär ausgelöst wird. Das bedeutet, daß bei jeder Syringomyelie diese auslösende Grunderkrankung diagnostiziert werden muß. Wird diese Grunderkrankung dann erfolgreich behandelt, geht die Syringomyelie wieder zurück.
Am häufigsten entsteht eine Syringomyelie durch Krankheitsbilder, die zu einer Behinderung der Passage des Hirnwassers (Liquors) um bzw. entlang des Rückenmarks führen. Andere mögliche Auslöser sind Tumoren im Rückenmark oder Rückenmarkfehlbildungen. In etwa 90% der von einer Syringomyelie betroffenen Patienten kann eine ursächliche, sog. kausale Behandlung angeboten werden. Dies setzt aber eine exakte Diagnostik und genaue Planung des Eingriffs voraus, damit sich im Anschluß die Syringomyelie zurückbilden kann.
Unabhängig vom Auslöser der Syringomyelie zeigten die postoperativen Ergebnisse, daß besonders die Symptome, die durch die auslösende Erkrankung verursacht wurden, gebessert werden konnten, während die Beschwerden, die man der Syringomyelie zuschreiben muß, weniger gut ansprachen. Dies gilt leider insbesondere für neuropathische Schmerzen, die sich allenfalls bei einem Drittel der Patienten bessern liessen. Umso wichtiger ist also auch, für diese Patienten, möglichst dann zu operieren, wenn gravierende Beschwerden wie insbesondere neuropathische Schmerzen noch nicht eingetreten sind.
(A) Syringomyelie von HWK4 bis BWK8 durch eine das Rückenmark von hinten komprimierende Arachnopathie bei BWK8/BWK9. (B) 4 Monate nach Entfernung der Arachnopathie erkennt man ein völliges Verschwinden der Syringomyelie bei Erhalt der neurologischen Funktionen und Besserung der Mißempfindungen
Hier sind Erkrankungen der weichen Rückenmarkhäute (sog. Arachnoidea) von denen der harten Rückenmarkhaut (sog. Dura) zu unterscheiden. Erkrankungen der Arachnoidea – sog. Arachnopathien – können zur Fixierung des Rückenmarks an der Dura, zu Durchblutungsstörungen von Nerven und Rückenmark und zu Behinderungen der Liquorpassage führen. Letzteres führt dann häufig zu einer Kompression des Rückenmarks von außen, wenn sich Taschen oder Arachnoidalzysten gebildet haben, und zu einer Syringomylie. Für die meisten Arachnopathien kann man die Ursache nicht nachweisen und nimmt daher eine angeborene Veränderung der Arachnoidea an. Bei etwa 30% der Betroffenen kennt man allerdings die Ursache einer Arachnopathie. Infrage kommen Verletzungen, operative Behandlungen am Rückenmark sowie Spätfolgen einer Hirn- bzw. Rückenmarkshautentzündung (Meningitis) oder einer Blutung in den Liquorraum (sog. Subarachnoidalblutung). Mit wenigen Ausnahmen betreffen die Arachnopathien hauptsächlich den Bereich der Brustwirbelsäule. Nicht alle Arachnopathien führen auch zu Beschwerden und bedürfen einer operativen Behandlung. Generell wird nur bei symptomatischen Patienten eine Operation empfohlen, die dann meist den Krankheitsprozeß zumindest stoppen kann. Sehr schlecht operativ behandelbar sind leider Arachnopathien als Folge von Voroperationen, Entzündungen oder Einblutungen.
Erkrankungen der harten Rückenmarkhaut (Dura) können als Folge von Verletzungen, von Operationen oder spontan auftreten. Einige seltene, genetisch bedingte Erkrankungen können ebenfalls zu Veränderungen der Dura führen. Am häufigsten findet man sog. Divertikel der Dura im Sinne von umschriebenen, zystenartigen Aussackungen, die sehr lange asymptomatisch bleiben und über Jahre den umgebenden Knochen verändern können. Abhängig von der Größe kann es dann zu Reizungen und Kompressionen einzelner Nerven oder des Rückenmarks kommen. Solange sie asymptomatisch sind, bedürfen diese Divertikel keiner Operation.
(A) Divertikel der harten Rückenmarkhaut von LWK1 bis LWK5 mit deutlicher Kompression der Nerven über diese Strecke (B). Ursache war ein Defekt der Dura in Höhe LWK5 auf der linken Seite. (C) 3 Monate nach Freilegung in Höhe LWK5 mit Verschluß des Defektes ohne Entfernung des Divertikels ist der Patient beschwerdefrei bei vollständiger Rückbildung des Divertikels.
Die häufigste Erkrankung in dieser Region ist die Chiari Malformation. Sie wurden ursprünglich von Hans Chiari Ende des 19. Jahrhunderts als Fehlbildungen des Zentralnervensystems gedeutet und in 4 Typen eingeteilt. Von klinischer Bedeutung sind insbesondere die Typen I und II. Anders als ursprünglich von Chiari vermutet, handelt es sich allerdings nicht um Fehlbildungen des Zentralnervensystems, sondern um Folgezustände eines Missverhältnisses zwischen der Größe des Schädels und der des Gehirns. Je nach Ausmaß und knöcherner Anatomie weichen dann Anteile des Kleinhirns, das im unteren Hinterkopfbereich lokalisiert ist, in den oberen Wirbelkanal aus. Das führt dazu, dass diese in den Wirbelkanal ausgewichenen Anteile des Kleinhirns Druck auf Nervenbahnen des Rückenmarks ausüben. Außerdem wird die Passage des Hirnwassers behindert, welches eigentlich um Gehirn und Rückenmark frei zirkulieren soll.
Die Kompression des Rückenmarks und die Passagebehinderung des Hirnwassers können Ursache für eine Vielzahl von Beschwerden sein:
Dabei variiert das klinische Bild in Abhängigkeit vom Typ der Malformation, dem Alter des Patienten und evtl. Begleitfehlbildungen der Gelenke am Kopf-Hals-Übergang. So können Chiari Malformationen in den ersten 2-3 Lebensjahren durch Druck auf wichtige Nervenzentren zu bedrohlichen Störungen der Atem- und Kreislaufsteuerung und der Schluckfunktionen führen.
Jenseits des 3. Lebensjahres treten solch dramatische Situationen nicht mehr auf. So beobachtet man bei symptomatischen Kindern etwa ab dem Schulalter vor allem im Zusammenhang mit dem Längenwachstum Skoliosen sowie das Auftreten von Koordinationsstörungen.
Bei erwachsenen Patienten mit abgeschlossenem Längenwachstum ist hingegen der Hinterkopfschmerz häufigstes Symptom und betrifft dann etwa 80% der Patienten. Bei Kindern ist der typische Hinterkopfschmerz eher die Ausnahme und wird nur in wenigen Fällen beobachtet.
Aufgrund der verschiedenen Aspekte muss daher in jedem Einzelfall geprüft werden, ob eine operative Behandlung notwendig ist und wie sie ggf. aussehen muss.
Sie ist die häufigste Fehlbildung am Kopf-Hals-Übergang und beschreibt eine Konstellation, bei der das Hinterhauptloch – das sog. Foramen Magnum – normal groß angelegt ist und aufgrund einer etwas zu kleinen Schädelgröße nur Anteile der sog. Kleinhirntonsillen in den Wirbelkanal hineingewachsen sind.
Als Folge der Behinderung der Hirnwasserpassage kann es im Verlauf des Lebens zu einer Zystenbildung im Rückenmark, der sog. Syringomyelie, kommen. Die Häufigkeit einer Syringomyelie bei Chiari I steigt mit zunehmenden Alter und betrifft etwa 50% der Kinder und 75% der Erwachsenen. Dass eine Chiari I Malformation die Hirnwasserpassage so weit blockiert, dass daraus ein Hydrozephalus resultiert, wird bei allenfalls 1% der Patienten beobachtet.
Therapie der Wahl für eine Chiari I Malformation ist die sog. Dekompression des Foramen Magnum. Dabei werden knöcherne Anteile vom Hinterkopfknochen und Anteile des ersten Halswirbelbogens entfernt, um dann die darunter liegende, harte Hirnhaut mit einer sog. Erweiterungsplastik zu vergrößern. Dadurch werden die Kompression des Rückenmarks und die Passagebehinderung des Hirnwassers beseitigt.
Insbesondere von amerikanischen Kinderneurochirurgen wird eine rein knöcherne Dekompression ohne Erweiterung der harten Hirnhaut empfohlen. Dieses Verfahren vermeidet einen kleinen Teil der möglichen Komplikationen, hat aber nachweislich schlechtere Ergebnisse in Bezug auf die Rückbildung einer Syringomyelie sowie im Langzeitverlauf und wird daher von mir nicht durchgeführt.
(A) Chiari I Malformation mit großer Syringomyelie bis in die Brustwirbelsäule. (B) 3 Monate nach Dekompression des Foramen Magnum mit Duraerweiterung sind die Kopfschmerzen verschwunden und die Syringomyelie deutlich rückläufig
Bei etwa 10-15% der Patienten mit einer Chiari I Malformation findet man zusätzlich Begleitfehlbildungen von Gelenken des Kopf-Hals-Übergangs, die unter dem Oberbegriff „Basiläre Invagination“ zusammengefasst werden. Darunter versteht man anatomische Konstellationen, bei denen ein Hochstand eines Teils des zweiten Halswirbels – des sog. Dens – zu erkennen ist. Für diese abnorme Position des Dens können verschiedene Ursachen verantwortlich sein:
Je nach anatomischer Konstellation muss im Einzelfall geprüft werden, ob bei einer geplanten Dekompression der Chiari I Malformation zusätzlich eine Fixierung zwischen erstem und zweitem Halswirbel (HWK1/2) erforderlich wird.
(A) Chiari I Malformation mit Basilärer Invagination und Luxation zwischen HWK1 (Stern) und HWK2 sowie Blockwirbelbildung HWK2/3 (B). 3 Monate nach Reposition HWK1/2 mit Stabilisierung und Erweiterung des Foramen Magnum (C) ist das Rückenmark vollständig dekomprimiert (D) bei verbesserter Koordination aller Extremitäten sowie größerer Gangsicherheit
Diese Fehlbildung ist deutlich seltener als die Chiari I Malformation und betrifft nahezu ausschließlich Patienten mit einer Spina Bifida (sog. „offener Rücken“). Dabei ist die Chiari II Malformation keine fortgeschrittene Form der Chiari I Malformation, sondern ein grundsätzlich anderes Krankheitsbild. Auch hier ist der Schädel für das Gehirn zu klein, dieses Missverhältnis aber bereits vor der Geburt so eklatant, dass es zu einer Erweiterung des Foramen Magnum und teilweise auch des Wirbelkanals in der oberen Halswirbelsäule kommt. Die Behinderung der Hirnwasserpassage ist bei diesem Typ so ausgeprägt, dass fast alle Kinder nach Verschluss der Spina Bifida bereits im Säuglingsalter einen Hydrozephalus bekommen, der dann mit einem sog. Shunt abgeleitet werden muss. Dieser Shunt entlastet den Druck auch am Kopf-Hals-Übergang so nachhaltig, dass danach die oben genannten Beschwerden einer Chiari Malformation meist nicht mehr auftreten. Daher muss nur ein kleiner Teil der Patienten mit einer Chiari II Malformation bei funktionierender Ableitung des Hydrozephalus später noch zusätzlich dekomprimiert werden. Ist dies notwendig, wird die Dekompression nicht wie bei Chiari I am Hinterhauptloch vorgenommen, sondern in der oberen Halswirbelsäule in dem Ausmaß, wie die Kleinhirntonsillen hinunterreichen.
(A) Chiari II Malformation mit großer Syringomyelie einer jungen Frau. Die Kleinhirntonsillen reichen bis HWK3 (Pfeil). 3 Monate nach Dekompression mit Stabilisierung der Halswirbelsäule und Erweiterung der Dura ist die Syringomyelie deutlich rückläufig (B) bei verbesserter Motorik der Hände
Bei richtiger Indikationsstellung, d.h. rechtzeitiger Operation und korrekter Strategie, können Patienten mit einer Chiari I Malformation postoperativ dauerhaft ein vollkommen normales Leben führen.
Patienten mit einer zusätzlichen Basilären Invagination sind erfahrungsgemäß bereits bei Diagnosestellung körperlich in ihrer Leistungsfähigkeit eingeschränkter als solche, die nur eine Chiari I haben. Sie bleiben meist auch nach einer erfolgreichen Operation körperlich so eingeschränkt, wie sie es vor der Operation waren. Gleiches gilt für Patienten, deren begleitende Syringomyelie bereits vor der Operation symptomatisch geworden ist. Dekompressionen einer Chiari II Malformation können im Säuglingsalter in ausgewählten Fällen lebensrettend sein. Bei älteren Kindern oder Erwachsenen stoppen sie üblicherweise das weitere Fortschreiten der Erkrankung.